Seit der Entscheidung LG Hamburg, (Urteil vom 12.1.2018 – 324 O 63/17) schien es für Ärzte einfacher, gegen negative Bewertungen auf Bewertungsportalen wie jameda vorzugehen. Wenn und soweit der Arzt einen Behandlungskontakt bestreitet und sich ein solcher tatsächlich nicht ermitteln lässt, fehlt es für eine negative Bewertung an einer tatsächlichen Anknüpfung. Sinn und Zweck von Bewertungsportalen liegen darin, dass potentielle Patienten sich aufgrund von positiven oder auch negativen Bewertungen anderer Patienten für oder gegen den Besuch eines bestimmten Arztes entscheiden. Bewertungsportale erfüllen damit einen schützenswerten Zweck und sind somit im Grundsatz zulässig.
Ohne Geschäftskontakt fehlt die Grundlage für eine Bewertung
Voraussetzung zur Erfüllung des schützenswerten Zweckes ist es allerdings, dass den Bewertungen auch tatsächliche Geschäfts- oder Behandlungskontakte zugrunde liegen. Bewertungen, die ohne einen solchen Geschäfts- oder Behandlungskontakt bieten nach Sinn und Zweck eines Bewertungsportales keinen Mehrwert und können auf eine Beschwerde des Bewerteten hin gelöscht werden. Im ersten Schritt reicht es hierfür aus, dass zunächst der Geschäfts- oder Behandlungskontakt in Abrede gestellt wird. Kann ein solcher trotz Nachfrage bei der Person, die die Bewertung verfasst hat, nicht festgestellt werden, ist davon auszugehen, dass ein solcher nicht stattgefunden hat und es an einer tatsächlichen Grundlage für die Bewertung fehlt. Entsprechend ist der betroffene Beitrag auch zu löschen.
Einfaches Bestreiten des Geschäftskontaktes reicht nicht aus
Die Entscheidung des OLG Brandenburg (Beschl. v. 05.03.2020 – 1 U 80/19) macht deutlich, dass ein einfaches Bestreiten des Geschäfts- oder Behandlungskontaktes dann nicht reicht, wenn die Person, welche die Bewertung abgegeben hat, auf Nachfrage Nachweise für einen solchen Kontakt liefert. Wörtlich führt der Senat hierzu wie folgt aus:
„Aus den in dem vorbezeichneten Beschluss bereits dargestellten Gründen hat der im Rahmen des geltend gemachten Anspruchs für das Fehlen eines Behandlungskontakts als unwahre Tatsachengrundlage der streitgegenständlichen Meinungsäußerung darlegungs- und beweisbelastete Kläger (vgl. OLG Dresden, NJW-RR 2018, 675 Rn. 16) diesen Umstand nicht hinreichend dargetan, obwohl die lediglich sekundär darlegungsbelastete Beklagte die für einen solchen Behandlungskontakt sprechenden Angaben, die ihr ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG möglich und zumutbar waren (vgl. BGH, NJW 2016, 2106 Rn. 46 f.), dargelegt hat. Eine Umkehr der Beweislast findet in diesen Fällen nicht statt (Senat, Urteil vom 11. März 2019, Az.: 1 U 15/18, juris Rn. 32; OLG Dresden, a.a.O.). Das pauschale Bestreiten eines Behandlungskontakts ohne substantiierte Auseinandersetzung mit den in seiner Praxis verfassten und teilweise von ihm unterzeichneten Unterlagen sowie den hieraus ersichtlichen Informationen genügt daher entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Da es sich im Übrigen um von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsäußerungen handelt, steht dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.“
Was bedeutet die Entscheidung für die Praxis?
Tatsächlich stellt die Entscheidung des OLG Brandenburg keine wirkliche Überraschung dar. Wer einen Anspruch auf Unterlassung geltend machen will, muss alle hierfür anspruchsbegründenden Tatsachen im Prozess nicht nur darlegen, sondern auch beweisen. Wer also eine negative Bewertung mit der Begründung löschen lassen will, dass es bereits an einem Geschäfts- oder Behandlungskontakt fehlte, muss auch substantiiert darlegen, dass es einen solchen Kontakt tatsächlich nicht gab. Lassen sich aus der Bewertung Anhaltspunkte für Patient oder zumindest Zeitraum der Behandlungen entnehmen, ist es zur Substantiierung erforderlich, sämtliche Geschäftsunterlagen (Behandlungsunterlagen, Rechnungen etc.) auf einen Behandlungskontakt zu überprüfen und das Ergebnis dieser Prüfung im Prozess darzulegen. Es ist nicht ausreichend, lediglich den Kontakt pauschal zu bestreiten. Das gilt erst recht, wenn das verklagte Bewertungsportal substantiiert zu einem Behandlungskontakt vorträgt und hierzu zudem Nachweise vorlegt.
Wer sich also gegen eine negative Bewertung zur Wehr setzen möchte, sollte in der Lage sein, einen fehlenden Geschäfts- oder Behandlungskontakt substantiiert darzulegen. Legt das Bewertungsportal bereits außergerichtlich Nachweise vor, aus denen sich der bestrittene Kontakt ergeben soll, ist man schlecht beraten, ein Gerichtsverfahren anzustrengen, ohne substantiiert auf diese Nachweise einzugehen. Vielmehr sollten sämtliche Geschäfts- und Behandlungsunterlagen überprüft werden, ob sich hieraus ein solcher Kontakt ermitteln lässt.
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