Ein Überblick über die aktuelle Entwicklung im Influencer-Marketing

Die wirtschaftliche Bedeutung von Influencern hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Deren Einfluss nicht nur auf die Kaufentscheidung von Verbrauchern führt dazu, dass Unternehmen bei ihren Marketing-Bemühungen zunehmend auf Influencer und deren reichweitenstarken Kanäle setzen. Influencer wandeln sich dadurch von vormals privaten Social Media Sternchen zu echten Unternehmern. Dadurch rücken sie allerdings auch zunehmend in den Fokus von Wettbewerbern und Verbänden, die Rechtsverstöße konsequent verfolgen. Zahlreiche zum Teil divergierende Gerichtsentscheidungen haben dabei die Unsicherheit in der Branche vergrößert, denn die bislang angerufenen Gerichte beantworten die Frage, wann der Beitrag eines Influencers als „Werbung“ gekennzeichnet werden muss und wann nicht sehr unterschiedlich, zum Teil sogar komplett gegensätzlich.

Der nachfolgende Beitrag soll euch noch einmal einen Überblick über die Kennzeichnungspflichten im Influencer-Marketing und die aktuellsten Gerichtsentscheidungen verschaffen. Anhand einer Checkliste zum Abschluss des Beitrages wollen wir euch zudem die Möglichkeit geben, einfacher feststellen zu können, ob ein geplanter Beitrag von euch als Werbung gekennzeichnet werden muss.

Woher kommt die Pflicht zur Kennzeichnung?

Die Pflicht, einen werblichen Beitrag als „Werbung“ oder „Anzeige“ zu kennzeichnen, ergibt sich aus unterschiedlichen Vorschriften. So finden sich gerade für Video-Beiträge im Rundfunkstaatsvertrag (§§ 7, 58 RStV) Vorschriften, die sich mit der Kennzeichnung von Werbung befassen. Hiernach ist Werbung als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig zu trennen. Der Rundfunkstaatsvertrag versteht unter Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels oder Gewerbes entweder gegen Entgelt oder gegen eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt zu fördern. Unter den Begriff der Werbung soll aber auch fallen, wenn jemand Eigenwerbung betreibt, also die eigenen Produkte oder Leistungen bewirbt.

Bei Beiträgen, die nur aus Text und Bildern bestehen, also gerade nicht als Video veröffentlicht werden, ergibt sich die Pflicht zur Kennzeichnung von Werbung aus dem Telemediengesetz (§ 6 Abs. 1 TMG). Danach muss kommerzielle Kommunikation, worunter auch werbliche Influencer-Posts zählen können, klar als solche zu erkennen sein. Das Telemediengesetz gilt speziell für Sachverhalte im Internet, also vor allem auch im Social Media Bereich. Unabhängig vom Medium, also quasi universell ergibt sich die Pflicht zur Kennzeichnung von Werbung auch aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (z.B. § 5a Abs. 6 UWG). Hiernach handelt unlauter, also verboten, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen bereits ergibt.

Die Vorschriften eint der Grundsatz, dass Werbung für den Verbraucher sofort als solche erkennbar sein muss. Vor diesem Hintergrund ist ein werblicher Beitrag entsprechend zu kennzeichnen, es sei denn, es ist für den Verbraucher offensichtlich, dass es sich bei dem Beitrag nur um Werbung handeln kann.

Was droht bei einem Verstoß gegen die Kennzeichnungspflichten?

Werden Kennzeichnungspflichten nicht eingehalten, stellt sich die Frage, mit welchen Konsequenzen man als Influencer zu rechnen hat. Die Antwort auf diese Frage hängt auch damit zusammen, aus welcher Richtung eine Beanstandung kommt. Im Wesentlichen gibt es zwei mögliche Angriffsszenarien, wenn ein Influencer einen werblichen Beitrag nicht ausreichend gekennzeichnet hat.

Verletzt ein Influencer Vorschriften aus dem Rundfunkstaatsvertrag oder dem Telemediengesetz, können zunächst die zuständigen Aufsichtsbehörden entsprechende Beanstandungsverfahren einleiten. Zuständig für solche Verfahren sind dabei die Landesmedienanstalten. Sie können gegen den Influencer dann auch Untersagungsverfügungen erlassen und empfindliche Bußgelder verhängen. Das wohl bekannteste Beispiel eines solchen Bußgeldverfahrens war das der Medienanstalt Hamburg-Holstein gegen den bekannten Fitness-Youtuber Flying Uwe. Der Youtuber hatte in seinen Beiträgen seine eigenen Fitnessprodukte beworben, ohne dies entsprechend kenntlich zu machen. Nachdem mehrere Beanstandungen erfolglos blieben, wurde gegen ihn ein Bußgeld verhängt, welches letztlich ausgesetzt wurde, nachdem Flyling Uwe die beanstandeten Beiträge dann doch entsprechend gekennzeichnet hatte. Die Medienanstalten gehen allerdings nur zögerlich gegen Influencer direkt mit dem scharfen Schwert des Bußgeldverfahrens vor. Sie setzen vielmehr auf Aufklärung und veröffentlichen hierzu regelmäßig ihren eigenen Leitfaden zu den Kennzeichnungspflichten im Internet.

Wesentlich aktiver als die Medienanstalten ist der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW), der in den vergangenen Jahren zahlreiche Influencer wettbewerbsrechtlich abgemahnt und in der Folge auch gerichtlich in Anspruch genommen hat. Aus diesen und vergleichbaren Verfahren resultieren auch die ersten Gerichtsentscheidungen mit Bezug zum Influencer-Marketing.

In einer Rechtsprechungsübersicht informiere ich fortlaufend über die aktuellsten Entscheidungen zum Influencer-Marketing und den Kennzeichnungspflichten. Die Rechtsprechungsübersicht findet Ihr hier: „Influencer Marketing: Eine Rechtsprechungsübersicht“.

Wann muss ich einen Beitrag jetzt kennzeichnen?

Wie die dargestellten Entscheidungen zeigen, fällt es schwer, eine rote Linie in der Entscheidungspraxis der Gerichte festzustellen. Solange nicht der Bundegerichtshof abschließend zu sämtlichen Fragen Stellung nehmen konnte, wird eine gewissen Unsicherheit nicht zu vermeiden sein. Gleichwohl wollen wir nachfolgend ein paar Anhaltspunkte geben, wann ein Beitrag gekennzeichnet werden sollten. Darüber hinaus wollen wir euch aufzeigen, wie die Werbekennzeichnung am sichersten zu erfolgen hat.

Fallgruppe 1: Geld oder andere Gegenleistung für Beitrag erhalten

Habt Ihr von einem Unternehmen Geld oder eine andere Gegenleistung dafür erhalten, dass Ihr auf eurem Kanal ein Produkt des Unternehmens positiv herausstellt, ist hier von Werbung bzw. einer geschäftlichen Handlung auszugehen. Eine Gegenleistung kann hier darin liegen, dass Ihr das Produkt nach dem Beitrag behalten dürft oder die Kosten für eine Reise vollständig übernommen werden. In diesem Fall ist der werbliche Charakter dieses Beitrages deutlich zu kennzeichnen. Eine Ausnahme von dieser Kennzeichnungspflicht besteht nur dann, wenn für den Betrachter des Beitrages sofort erkennbar ist, dass es sich um Werbung handelt. Hier ist Vorsicht geboten, denn von dieser Offensichtlichkeit sollte im Grundsatz nicht ausgegangen werden. Zwar hat das Landgericht München im Fall Cathy Hummels festgestellt, dass bei ihr der werbliche Charakter offensichtlich sei und sie deswegen ihre Beiträge nicht zu kennzeichnen braucht. Allerdings ist die Entscheidung des Landgerichts München zum einen auf heftige Kritik gestoßen. Zum anderen hat aber auch das Landgericht München gesagt, dass es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung handelt, bei der im besonderen Maße zu berücksichtigen sei, dass Cathy Hummels eine besondere Bekanntheit genieße und über eine erhebliche Anzahl an Follower verfügt. Da das Gericht nicht gesagt hat, wo es die Schwelle sieht, ab wann die Zahl der Follower dafür spricht, dass der werbliche Charakter offensichtlich ist, muss weiter davon ausgegangen werden, dass eine Pflicht zur Kennzeichnung besteht.

Fallgruppe 2: Kein Geld oder andere Gegenleistung für Beitrag erhalten

Die wesentlich schwieriger zu entscheidende Fallgruppe ist hingegen die, in der Ihr für einen Beitrag kein Geld oder sonstige Gegenleistung von dem beworbenen Unternehmen erhalten habt. Hier geht es insbesondere um die Fälle, in denen Ihr euch das Produkt selber gekauft habt, um es in einem eurer Beiträge zu vorzustellen. Die Medienanstalten gehen in ihrem Leitfaden davon aus, dass in diesem Fall keine kennzeichnungspflichtige Werbung vorliegt. Aus Sicht der Medienanstalten liegt hier lediglich eine private Meinungsäußerung vor, die jedenfalls nicht von den Medienanstalten reglementiert wird.

Aber auch hier ist wieder Vorsicht geboten! Bitte beachtet, dass die Gerichte, die Influencer-Marketing-Kampagnen aus der Sicht des Wettbewerbsrecht betrachten, teilweise strengere Maßstäbe anlegen. So hat das Landgericht Berlin die Auffassung vertreten, dass auch solche Beiträge als Werbung zu kennzeichnen sind, bei denen das Produkt vom Influencer selber gekauft wurde und es keine geschäftliche Beziehung zum Unternehmen des beworbenen Produktes besteht. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass ein Influencer mit jedem Beitrag auch für sich und sein Unternehmen wirbt. Auch das Landgericht München hat im Fall von Cathy Hummels festgestellt, dass Influencer immer auch ihr Unternehmen bewerben, sodass Beiträge über geschäftliche Accounts immer auch einen werblichen Charakter haben. Es wird sich zeigen, ob auch andere Gerichte dieser zu Recht kritisierten Auffassung folgen werden. Andere Gerichte differenzieren in dieser Hinsichtlich deutlicher. So hat beispielsweise das Kammergericht Berlin festgestellt, dass es eine generelle Vermutung gerade nicht gebe, dass unternehmerisch tätige Influencer, die Produkte oder Marken in ihren Beiträgen präsentieren, stets Werbung betreiben.

Wichtiger Hinweis: Aufgrund der unterschiedlichen gerichtlichen Entscheidungen hat sich vermehrt die Praxis breit gemacht, rein vorsorglich jeden Beitrag als Werbung zu kennzeichnen. Hiervon können wir Euch aber nur dringend abraten! Hierdurch wird nicht nur der Sinn und eigentliche Zweck der Werbekennzeichnung vereitelt. Die durchgehende Kennzeichnung sämtlicher Beiträge als Werbung kann für sich auch eine relevante Irreführung darstellen, die zu einer Abmahnung oder gerichtlichen Inanspruchnahme führen kann.

Wie und wo muss ich einen werblichen Beitrag kennzeichnen?

Nach der schwierigen Frage, wann ein Beitrag überhaupt gekennzeichnet werden muss, stellt sich im Anschluss die Frage, wie diese Kennzeichnungspflicht tatsächlich rechtssicher umgesetzt werden kann. Naturgemäß liefern die Gerichte hierzu keine positive Aussage, da diese nur zu entscheiden haben, wann eine vorgenommene Kennzeichnung nicht ausreichend war. Gerichte zeigen also regelmäßig nur auf, wie es nicht funktioniert. Gleichwohl lassen sich Grundsätze festhalten, bei deren Einhaltung man zumindest halbwegs auf der sicheren Seite ist.

Unproblematisch dürfte für die Kennzeichnung von werblichen Beiträgen die Verwendung der Begriffe „Anzeige“ und „Werbung“ sein. Die Gerichte gehen derzeit davon aus, dass die Betrachter eines Beitrages englische Begriffe wie „Sponsored by“, „advertising“ oder einfach nur „ad“ nicht zwangsläufig übersetzen können und daher den werblichen Charakter trotz einer solchen Kennzeichnung nicht erkennen. Diese Ansicht verkennt unserer Ansicht nach, dass der Betrachter einer Influencer-Kampagne sich regelmäßig in einem Umfeld bewegt, in dem vermehrt englische Begriffe verwendet werden. Auch wenn die derzeitige Entscheidungspraxis der Gerichte persönlich nicht nachvollzogen werden kann, so muss diese gleichwohl bei der Umsetzung der Kennzeichnungspflicht zumindest solange beachtet werden, bis auch die Gerichte ein zeitgemäßes, internationales Verkehrsverständnis annehmen.

Auch hinsichtlich des Ortes der Kennzeichnung müssen bestimmte Vorgaben beachtet werden. So ist es erforderlich, dass der Betrachter den werblichen Charakter unschwer und ohne eine analysierende Betrachtung des Beitrages erkennen kann. Das kann dadurch umgesetzt werden, dass Ihr die Kennzeichnung des Beitrages mit „Werbung“ oder „Anzeige“ direkt zu Beginn des Beitrages bzw. des Textes vornehmt. Werden mehrere Hashtags verwendet, so solltet Ihr darauf achten, dass die Begriffe „Werbung“ oder „Anzeige“ nicht optisch untergehen. Am sichersten ist es, wenn Ihr diese Begriffe direkt als erstes platziert. So vermeidet Ihr Zweifel an der ordnungsgemäßen Umsetzung der Kennzeichnungspflicht.

 

Weitere Beiträge und Informationen zum Thema „Influencer Marketing und Recht“:

Der Fall Julia Klöckner „Werberechtliche Grenzen staatlicher Empfehlungen“

Wenn Mitarbeiter zu Influencern werden

Leitfaden der Medienanstalten zu den Kennzeichnungspflichten

Leitfaden der Wettbewerbszentrale zu den Kennzeichnungspflichten

 

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